Bad Lobenstein. Fragen kostet ja nichts, dass haben sich die Schüler Max Wagner und David Morgenstern gedacht. Traditionell lädt der Sozialkundekurs der 11. Klasse des Bad Lobensteiner Gymnasiums einen Politiker zum Gespräch ein. Normalerweise ist der Gast aus der Region. Aber die beiden Schüler haben sich einfach mal an den Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) gewandt, ob der nicht zu einer Fragestunde ins Gymnasium vorbeischauen wolle.
Gestern war es dann soweit. Vormittags rollte der Dienstwagen des Ministerpräsidenten an und hielt auf einem der neu geschaffen Parkplätze direkt vor der Schule. Sein Empfang wartete schon. Trotz der derzeitigen angespannten politischen Lage zeigte sich Bodo Ramelow entspannt und zu Scherzen aufgelegt. Bevor ihn der Sozialkundekurs aber mit seinen Fragen löchern konnte, wurde der Ehrengast durch das Gebäude geführt. Schulleiterin Andrea Schmidt und Max Wagner nutzten die Gunst der Stunde auch, um auf einige Missstände aufmerksam zu machen.
So sei beispielsweise der Kunstraum in einem sehr desolaten Zustand. “Würden die Abiturienten nicht zum Abschied einige Räume herrichten und streichen, würde es hier sehr schlimm ausschauen”, erklärte Andrea Schmidt. Zudem stehe nun auch besonderer Stress an, da die Einrichtung wegen der Sanierung des Gebäudes umziehen muss. Dann waren aber die Schüler dran, ihre Fragen an den Ministerpräsidenten zu stellen. Neben persönlichen wie “Wie kamen Sie zur Politik?” oder “Hat sich durch das Amt ihre Persönlichkeit verändert?”, gab es aber auch Jugendliche, die die Meinung des Ministers zu aktuellen Themen hören wollten.
Zum Beispiel der Höllentalbahn: Ein Schüler las die Vorwürfe vor, die CSU-Landtagsmitglied Alexander König vor kurzem veröffentlicht hatte. Dieser hatte Bodo Ramelow als “kommunistischen Ministerpräsidenten” bezeichnet und dem Projekt Höllentalbahn eine klare Absage erteilt.
“Das ist nur Ausdruck der absurden Wahrnehmung der Welt von Alexander König”, ereiferte sich der Thüringer Ministerpräsident. Die Straßen können durch die Höllentalbahn vom Güterverkehr von und zur Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal entlastet werden.
Eine Reaktivierung der Bahnstrecke würde nicht nur der Wirtschaft zugute kommen, sondern auch dem Tourismus. “Mein Wunsch ist es, die Saale-Kaskaden mehr touristisch zu erschließen”, erklärte Bodo Ramelow. Daher wäre auch eine Verbindung der Höllental- mit der Oberland- und der Sormitztalbahn wünschenswert.
Eine bessere Bus- und Bahnverbindung zu den Zentren wünschten sich auch die Schüler. Aber “bei uns kommt wenig an Gelder an”, so die Meinung. Läge es daran, dass Bad Lobenstein zu weit von Erfurt sei? Bei den Schulen und dem kulturellen Leben hapere es noch. Dadurch würden viele junge Leute wegziehen, obwohl es an Arbeitsangeboten nicht mangle.
An diesem Punkt musste der Ministerpräsident erklären, dass der Landkreis für die Schulen und die Städte für die Kultur zuständig seien. “Ich kenne die Region jetzt schon seit 27 Jahren und ich finde sie sehr aufregend”, erklärte er. “Aber manche reden sie gern schlecht.” Bad Lobenstein und Umgebung sei eben nun mal eine Provinz und daher könne dort kein “weltstädtisches Clubangebot” aufgebaut werden.
Die meisten der Schülerfragen drehten sich auch im das Schulsystem. Warum es nicht bundesweit vereinheitlicht werden könne?
“Bei bestimmten Schulabschlüssen sind Prüfungen, die bundesweit gleich sind, wahrscheinlich die beste Lösung”, entgegnete Bodo Ramelow. Jedoch müsse die Schulvielfalt erhalten bleiben.
“Und ein einheitliches System ist derzeit vom Bund nicht zu erwarten”, fügte er hinzu. “Wir brauchen ein Schulsystem, dass noch oben, aber auch nach unten durchlässiger ist.” Denn jeder sei gleich viel wert, egal was für einen Abschluss er erhalten hat. Die Schüler sollten auch lernen mit Scheitern und Fehlentscheidungen umzugehen. “Ich stehe ja auch gerade wieder an so einem Punkt”, scherzte der Ministerpräsident, sicherlich mit Blick auf das gescheiterte Vorschaltgesetz. In gelöster Stimmung verabschiedeter er sich dann von Bad Lobenstein.